Darius Frye und die Idee von Sozialraumprojekten
Frage: Herr Frye, stellen Sie sich doch kurz vor. Wie kam es, dass Sie in die Wuppertaler Südstadt gezogen sind?
Antwort: Hi, mein Name ist Darius. Ich studiere hier an der Bergischen Universität im Master Psychologie und bin vor drei Jahren aus Liebe zur Stadt hergezogen. Da ich damals für den Bachelor nach Düsseldorf gependelt bin, habe ich mir eine Wohngemeinschaft in der Südstadt gesucht, die wegen ihrer Nähe zur Auffahrt A46 sehr attraktiv war.
Frage: Wie kamen Sie auf die Idee für Ihr Projekt? Mit Ihrem Studium hat das ja recht wenig zu tun.
Antwort: Mit meinem Studium hat das wirklich nicht viel zu tun. Die Idee entstand während meiner Zeit in der WG. Damals bin ich regelmäßig zum Einkaufen in den Discounter an der Viehhofstraße gegangen, der direkt an das Gelände der Wohngemeinschaft angrenzt. Dort begegnete mir jedes Mal eine riesige, hässliche und triste graue Wand, die den Parkplatz des Supermarktes überstrahlt. Bei jedem Einkauf grübelte ich darüber nach, was man mit dieser Wand anfangen könnte.
Wie cool wäre es, dort ein richtig großes, buntes Bild zu malen? Leider bin ich künstlerisch völlig unbegabt und kannte zu diesem Zeitpunkt auch niemanden, der ein Talent für so etwas hatte. Also warf ich der Wand regelmäßig böse Blicke zu, bevor ich in den Supermarkt marschierte. Dieses Grübeln hat dann wohl meinen Blick für meinen Wohnort geschärft. Mir fiel etwas auf, was für gebürtige Wuppertaler völlig offensichtlich sein dürfte: Das Quartiersleben mit Bars, Restaurants, Kiosken und belebten öffentlichen Plätzen spielt sich größtenteils nördlich der Wupper ab. Bewohner der Südstadt zu sein schien zu bedeuten, dass das Leben nach dem Abstellen des Autos in der Wohnung stattfindet – es sei denn, man ist gerade im Luisenviertel oder der Nordstadt unterwegs.
Ich empfand das als frustrierend, weil die Südstadt meiner Meinung nach viel Potenzial hat! Nur wissen wir alle: Wenn schon über die Schuldenbremse debattiert wird, um völlig marode Brücken zu sanieren, wird kein „Infrastruktur-Engel“ mit ein paar Milliarden vom Himmel steigen, um die Wuppertaler Südstadt in ein urbanes El Dorado zu verwandeln. Trotzdem hatte ich das Bedürfnis, an der Situation etwas zu verbessern und die Südstadt lebenswerter zu gestalten.
Frage: Und dann kam es zur Bewerbung für das Gemeinwohlstipendium? Wie sah die Idee aus, mit der Sie sich beworben haben?
Antwort: Genau! Ich tüftelte eine Zeit lang an einer ersten Konzeptualisierung und bewarb mich dann beim Projekt „vereinfachen“ mit der folgenden Idee: Wenn die Lebensqualität in der Südstadt verbessert werden soll, muss diese Entwicklung durch die Menschen in der Südstadt selbst getragen werden. Dafür müssen sie raus aus ihren Wohnungen, auf die Straße, um sich kennenzulernen. Und warum nicht als ersten Schritt die graue Wand gestalten und bei einer Einweihungsfeier gemeinsam Ideen sammeln und Mitstreiter*innen gewinnen?
Seit November letzten Jahres wird dieses Vorhaben vom Projekt „vereinfachen“ mit einem Gemeinwohlstipendium unterstützt. Und im Februar bin ich dann hier gelandet und freue mich, dass auch der Verein Elberfelder Südstadt e.V. die Idee unterstützt. Grüße an dieser Stelle an alle Beteiligten vom Projekt „vereinfachen“ und an den Vereinsvorstand.
Frage: Wie ist der aktuelle Stand der Umsetzung?
Antwort: Wir sind gerade dabei, alle wichtigen Vorbereitungen für die Gestaltung der Wand zu treffen. Ich freue mich sehr, eine Künstlergruppe um den Inhaber von Le Mietz Art an der Gathestraße, Tom Berger, für das Projekt gewonnen zu haben. Diese arbeitet gerade an einem Entwurf für die Wandgestaltung. Ich denke, dass wir Ende dieses Monats ein fertiges Motiv haben werden. Parallel bin ich gerade dabei, eine realistische Kostenkalkulation aufzustellen, damit die Frage der Finanzierung zeitnah geklärt werden kann.
Geplant ist, über den Verein ein Fundraising auf der Plattform „WirWunder“ der Sparkasse zu starten. Freundlicherweise hat ein Verleihunternehmen für Hebebühnen aus Wuppertal angeboten, einen vergünstigten Mietpreis für die Bühne zu berechnen. Das hilft natürlich enorm dabei, Kosten zu sparen! Alles, was dann noch fehlt, ist die Abstimmung mit dem anliegenden Supermarkt über die Einsatzzeiten. Ich hoffe, dass wir spätestens im Juni mit der Gestaltung beginnen können.
Frage: Und was kommt danach?
Antwort: Wenn wir die Wand fertig gestaltet haben, soll es noch dieses Jahr eine Einweihungsfeier geben, bei der sich die Künstler, der Verein und weitere Akteure aus der Südstadt kennenlernen können, um gemeinsame Ideen für den Sozialraum Südstadt zu entwickeln und Synergien zu schaffen. Ich fände es zum Beispiel total toll, wenn ich noch mehr Menschen von der Idee eines Südstadtfestes begeistern könnte. Aber ich bin auch gespannt auf alle weiteren Ideen, die eingebracht werden. Da mein Stipendium offiziell im Frühjahr ausläuft, hoffe ich, dass sich dadurch eine motivierte Gruppe findet, die Lust hat, weitere Sozialraumprojekte in der Südstadt zu starten.
Text: Red. BV, Fotos: Darius Frye